In den alten Bundesländern ist laut statistischem Bundesamt jede dritte Akademikerin ab 45 Jahren kinderlos. „Social egg freezing“, das Einfrieren von Eizellen in möglichst jungen Jahren, soll es Frauen ermöglichen, nach der so genannten „rush hour of life“ noch schwanger zu werden. – Von Diana Klöpper

Jetzt oder lieber später?
Die Firmen Facebook und Apple machen gerade Schlagzeilen, weil sie ihren Mitarbeiterinnen angeboten haben, die Kosten für das „egg freezing“ zu übernehmen. Fairerweise muss man dazu sagen, dass es sich hierbei nicht um das einzige Angebot an Familien durch die beiden Unternehmen handelt.
Ist „egg freezing“ eine familienfreundliche Maßnahme? Ich finde nicht!
„Social egg freezing“ passt in den Trend, dass sich der Mensch den Bedingungen der Arbeitswelt anpassen muss und nicht die Arbeitswelt den Bedürfnissen der Menschen.
Die Hauptvorlage ‚Familien heute’ der Evangelischen Kirche von Westfalen beschreibt diesen Trend in ihrem ersten Teil.
Von denen, die erwerbstätig sind, wird ein hohes Maß an Flexibilität erwartet. Jetzt auch maximale Flexibilität wenn es darum geht, wann Frauen Mütter werden?
Nicht nur ein Frauenproblem
Anstatt Frauen nahezulegen, erstmal Karriere zu machen und dann Kinder zu kriegen, wünsche ich mir, dass Frauen und auch Männer ermutigt werden, Karriere und Kinder zu verbinden. Das gelingt aber nur, wenn diese Frage nicht allein als Frauenproblem oder individuelles Problem einer Familie gesehen wird, sondern als gesellschaftliche Herausforderung.
Eltern brauchen die Sicherheit, dass das Leben mit Kindern für sie nicht in unkalkulierbare wirtschaftliche Risiken führt.
Kinder bedeuten auch bei uns immer noch ein Armutsrisiko. Wenn ein Elternteil – aus welchen Gründen auch immer – alleinerziehend wird, ist es mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf schnell vorbei.
Auf den Satz ‚Ich bin schwanger’ dürfen Vorgesetzte nicht mit Entsetzen reagieren.
Vor allem wünsche ich mir aber eine Veränderung in unserem gesellschaftlichen Familienbewusstsein: Auf den Satz ‚Ich bin schwanger’ dürfen Vorgesetzte nicht mit Entsetzen reagieren. Sie sollten sich freuen können, weil sie in ihrer Personalplanung längst bedacht haben, wie es in einem solchen Fall weitergeht. Genau das gleiche muss passieren, wenn ein Vater ankündigt, Elternzeit nehmen zu wollen.
Arbeitgeber_innen und Arbeitnehmer_innen sollten gemeinsam kreativ werden und Modelle entwickeln, die es Müttern ermöglichen Karriere zu machen.
Vor allem sollte Mehrarbeit nicht mehr die Grundvoraussetzung dafür sein, auf der Karriereleiter nach oben zu kommen.
Auf Spiegel Online ist von den ‚Höchstleisterinnen’ die Rede, die zwölf Stunden am Tag arbeiten. Keine Zeit für Dates – kein Partner – kein potentieller Kindsvater. Erwerbstätige Mütter und Väter arbeiten meist auch mindestens 12 Stunden am Tag – einen großen Teil davon allerdings unbezahlt…
Instrument der Familienplanung?
Bleibt die Frage, ob Frauen das Recht haben sollten frei zu entscheiden, wann sie schwanger werden wollen und ob dieser Zeitpunkt gegebenenfalls durch das Einfrieren von Eizellen künstlich nach hinten im Leben verschoben werden darf.
Ich finde, das kann keine Lösung sein.
Das Einfrieren von Eizellen kann in medizinisch begründeten Einzelfällen für Frauen mit Kinderwunsch eine geeignete Maßnahme sein. Es taugt aber nicht als selbstverständliches technisches Instrument der Familienplanung.
Leben ist nicht bis ins Letzte planbar. Methoden wie „egg freezing“ gaukeln uns das nur vor.
Elternwerden, Mutterwerden bedeutet eine totale Veränderung im Leben und die Entscheidung für ein Leben mit Kindern birgt immer Risiken in sich. Leben ist nicht bis ins Letzte planbar. Methoden wie „egg freezing“ gaukeln uns das nur vor.
Passt es gerade?!
Wir können uns als Gesellschaft dafür entscheiden, dass es kein wirtschaftliches Risiko mehr bedeutet, Kinder zu haben.
Ich wünsche mir, dass Frauen – gerade die Frauen zwischen 25 und 40 – nicht länger darüber nachdenken müssen, ob es denn jetzt wohl gerade beruflich passt, schwanger zu werden.
Es ist unsere Pflicht als Gesellschaft, Frauen Erwerbstätigkeit und Familie zu ermöglichen. Damit die Botschaft, dass eine Mitarbeiterin schwanger ist oder ein Mitarbeiter Elternzeit nehmen muss, mit einem strahlenden „Wie schön!“ beantwortet wird.
Diana Klöpper ist Theologische Referentin im Frauenreferat im Institut für Kirche und Gesellschaft und Frauenbeauftragte der EKvW